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Der Versorgungsausgleich – Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten –

Der Versorgungsausgleich – Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten –

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Versorgungsausgleich – Was ist das?

Der im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens durchzuführende Versorgungsausgleich soll der fairen Aufteilung der in der Ehezeit von den Ehegatten erworbenen Versorgungsanrechte dienen; Zweck ist der Aufbau einer sozialen Sicherung des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten im Alter und bei verminderter Erwerbsfähigkeit. Hierzu werden nach Zustellung des Ehescheidungsantrags durch das Familiengericht die von den Ehegatten in der Ehezeit (§ 3 Absatz 1 VersAusglG; Beginn des Monats der Eheschließung bis Ende des Monats vor Zustellung des Ehescheidungsantrags) erworbenen Versorgungsanwartschaften ermittelt und ausgeglichen. Dies erfolgt bei einer Ehezeit von mehr als drei Jahren von Amts wegen und bei einer Ehezeit von weniger als drei Jahren auf Antrag eines Ehegatten, § 3 Absatz 3 VersAusglG.

In den Versorgungsausgleich fallen neben den Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung auch betriebliche und berufsständische Versorgungen, Beamtenversorgungen und private Alters- oder Invaliditätsvorsorge (beispielsweise Riester- und Rürup-Rente). Jedes Anrecht wird bezogen auf den Ehezeitanteil von dem Familiengericht geteilt, dies erfolgt grundsätzlich „intern“, also durch Teilung des Anrechts innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems. Ausnahmsweise kann eine „externe“ Teilung in Betracht kommen, d. h. der Ausgleich in ein anderes Versorgungssystem; etwa bei Versorgungen aus einer Betriebsrente oder Versorgungen von Landesbeamten.

Warum ist der Versorgungsausgleich wichtig?

Durch die Aufteilung der Versorgungsanrechte soll ein Gleichlauf der Anrechte erreicht werden, um etwaige – etwa durch ungleiche Einkommensverhältnisse, Kindererziehung etc. – entstandene Versorgungsnachteile auszugleichen. Hierdurch können insbesondere geschlechtsspezifische Risikofaktoren für Frauen in Bezug auf eine Altersarmut im Falle einer Ehescheidung abgemildert werden.

Die auszugleichenden Anrechte können werthaltig sein. Während in Trennungssituationen oftmals emotional eingefärbt über Unterhalt und Zugewinn bis hin zum Hausrat erbittert gestritten wird – wie lange muss Unterhalt gezahlt werden, wie sind Vermögenspositionen zu bewerten, wer bekommt das blaue Sofa -, führt der Blick in die Auskünfte der Versorgungsträger nicht selten zu der Erkenntnis, dass dort erhebliche Werte vorhanden sind. Gerade bei langer Ehezeit, hohen Einkünften eines Ehegatten über einen langen Zeitraum, einer Tätigkeit in einem Großkonzern mit komfortabler betrieblicher Altersversorgung oder verschiedenen privaten Anrechten liegen oftmals Versorgungsanwartschaften mit einem Gesamtvolumen im sechsstelligen Bereich vor.

Wann sind Vereinbarungen sinnvoll?

In den meisten Fällen führt die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zu einem angemessenen Ausgleich der ehelichen Versorgungsanwartschaften. Abweichende Vereinbarungen sind möglich und können sinnvoll sein, wobei hierzu exemplarisch nachstehende Fallkonstellationen ohne Anspruch auf Vollständigkeit angeführt werden.

Fall 1 – „Zweiter Frühling“

Zwei finanziell abgesicherte zukünftige Ehegatten in fortgeschrittenem Alter möchten heiraten. Kinder sind nicht mehr zu erwarten und beide Ehegatten haben hinreichende eigene Anwartschaften in ihrem Erwerbsleben in verschiedenen Versorgungssystemen erworben. Die Ehegatten wünschen eine Beibehaltung der jeweiligen Anrechte und möchten eine Teilung der Anrechte im Scheidungsfall mit der damit verbundenen Zersplitterung der Anrechte vermeiden.

Fall 2 – Hoher Altersunterschied der Ehegatten

Die Hochzeit steht bevor; ein Ehegatte steht kurz vor dem Renteneintritt und wird während der Ehe keine Rentenanwartschaften mehr erwerben. Der andere künftige Ehegatte steht in der Mitte seines Erwerbslebens und wird voraussichtlich in der Ehezeit nicht unerhebliche Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben. Diese würden bei einer Ehescheidung geteilt werden, ohne dass der erwerbstätige Ehegatte im Gegenzug Anwartschaften des anderen Ehegatten aus der Ehezeit erhalten würde.

Fall 3 – Der Landesbeamte

Der gesetzlich vorgesehene Hin- und Her-Ausgleich in Form einer „internen“ Teilung jedes Eheanrechtes gilt nicht ausnahmslos. Besonderheiten gelten etwa bei Anrechten von Landesbeamten und einer „externen“ Teilung von Anrechten. Hierdurch würde zu Lasten des Versorgungsanrechtes des Landesbeamten für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger begründet. Das Anrecht des Landesbeamten wird also geschmälert, während dieser – wenn der andere Ehegatte etwa Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat – im Rahmen der internen Teilung Anrechte aus einem anderen Versorgungssystem erhalten würde. Hier kann ein sogenannter „Spitzenausgleich“ in Form einer Saldierungsabrede sinnvoll sein, bei der die erworbenen Anrechte saldiert und nur die Spitze zu Lasten der Beamtenversorgung ausgeglichen wird.

Fall 4 – Der Erwerb des Familienheimes mit Verrechnung

Die Eheleute haben sich getrennt, die Ehegattin möchte das im Alleineigentum des Ehegatten stehende Familienheim erwerben, um den gemeinsamen Kindern den Lebensmittelpunkt zu erhalten. Über Eigenkapital verfügt sie nicht. Die Immobilie hat einen Wert von etwa 400.000,00 EUR. Die Rechtsanwälte der Ehegatten ermitteln einen Zugewinnausgleichsanspruch der Ehegattin gegen den Ehemann in Höhe von 200.000,00 EUR. Im Rahmen der Ehescheidung werden die Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Während die Ehegattin wegen der Kinderbetreuung nur geringe Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, verfügt der Ehemann über Anwartschaften mit einem korrespondierenden Kapitalwert in Höhe von 300.000,00 EUR bezogen auf die Ehezeit; dementsprechend würde ein Betrag von 150.000,00 EUR im Rahmen des Versorgungsausgleichs dem Rentenkonto der Ehegattin zugeschrieben werden. Der Ehemann würde diese Altersvorsorge gerne behalten. Die Eheleute einigen sich darauf, dass der Ehemann die Immobilie auf die Ehegattin überträgt und im Gegenzug die Ehegattin auf den Zugewinnausgleichsanspruch und die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet. Den Restbetrag finanziert die Ehegattin und der Notar beurkundet hierzu eine umfassende Scheidungsfolgenvereinbarung mit der gewünschten Immobilienübertragung auf die Ehegattin.

Fazit

Der Versorgungsausgleich dient dem fairen Ausgleich von Versorgungsanwartschaften. Abweichende Vereinbarungen können gleichwohl sinnvoll sein; etwa ein ganz oder teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs, die Beschränkung auf bestimmte Anrechte sowie Saldierungs- und Verrechnungsabreden. Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich können im Rahmen der Trennung und Ehescheidung getroffen werden sowie vor oder während der Ehe in einem Ehevertrag. Dabei sind die Formvorschriften (§ 7 VersAusglG) zu beachten, was überwiegend zu dem Erfordernis einer notariellen Beurkundung führt. Ferner müssen die Vereinbarungen einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten (§ 8 VersAusglG), dürfen also zum Beispiel nicht sittenwidrig sein aufgrund einer einseitigen Benachteiligung eines Ehegatten. Hierzu sollte fachkundiger Rat eingeholt werden. Das Familiengericht ist an die Vereinbarung gebunden, sofern keine Wirksamkeits- oder Durchsetzungshindernisse bestehen, § 6 Absatz 2 VersAusglG.

 

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