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Baunachbarrecht – Genehmigung von Stellplätzen in Ruhezonen

Baunachbarrecht – Genehmigung von Stellplätzen in Ruhezonen

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Was kann ich tun, wenn mein Nachbar neben meiner Terrasse ein Carport, eine Garage oder möglicherweise sogar eine Tiefgarage für mehrere Stellplätze baut?

Rückwärtige Grundstücksbereiche sind häufig durch Wohnruhe gekennzeichnet. Nicht selten kommt es jedoch vor, dass Grundstückseigentümer durch bauliche Umstrukturierungen auf dem Nachbargrundstück plötzlich mit der Errichtung von Stellplätzen konfrontiert werden. Bestenfalls direkt neben der eigenen Terrasse. Mit der Wohnruhe, so die Befürchtung der Betroffenen, ist es dann vorbei.

Bei der Errichtung von Stellplätzen muss der Bauherr insbesondere das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot beachten. Danach sind Stellplätze unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die unzumutbar sind. Doch was bedeutet unzumutbar?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg sind für die Anordnung von Stellplätzen und Garagen abseits von öffentlichen Verkehrsflächen bei der Beurteilung der Zumutbarkeit die folgenden Grundsätze zu beachten:

Stellplätze und Garagen sollen grundsätzlich möglichst nah an öffentliche Verkehrsflächen herangebaut werden, um kein Störpotenzial in Ruhezonen hineinzutragen, in denen bislang keine Fahrzeugbewegungen stattfanden. Dementsprechend sollen selbst notwendige Einstellplätze in der Regel nicht im Hintergarten liegen oder in das Blockinnere eines Straßenkarrees vordringen. Das gilt jedoch nur, wenn dieses Karree durch Grünflächen bzw. durch relative Wohnruhe gekennzeichnet ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2022, Az. 1 ME 84/22).

Ob ein rückwärtiger Grundstücksbereich durch relative Wohnruhe gekennzeichnet ist, beurteilt sich im Wesentlichen nach der Vorbelastung. Dabei ist zwischen der tatsäch-lichen Vorbelastung durch vergleichbare Anlagen und der planerischen Vorbelastung (Festsetzungen eines Bebauungsplans) zu unterscheiden. Während die planerische Vorbelastung durch Einsichtnahme in die Bauleitplanung recht einfach ermittelt werden kann, begegnet man bei der Ermittlung und Gewichtung der tatsächlichen Vorbe-lastung oftmals Schwierigkeiten. Denn ist der rückwärtige Grundstücksbereich bereits durch Stellplätze vorbelastet, kann der Betroffene grundsätzlich nicht mehr von dem vorstehenden Grundsatz profitieren, wonach Stellplätze in der Regel möglichst nah an öffentliche Verkehrsflächen herangebaut werden sollen. Das bedeutet allerdings keinen Freibrief für eine beliebige verkehrliche Nutzung rückwärtiger Grundstücksbereiche. Die Schwelle der Unzumutbarkeit ist in diesen Fällen dann überschritten, wenn die von dem Nachbarvorhaben ausgelösten Belästigungen gegenüber dem bisherigen Bestand eine neue Größenordnung erreichen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.11.2021, Az. 1 ME 76/20). Wann das der Fall ist, ist nicht nach mathematischen Maßstäben zu ermitteln, sondern beurteilt sich stets nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. In den Blick zu nehmen ist die konkrete Situation, in der sich die Be-lästigungen auswirken.Verläuft die neue Zufahrt entlang Ihrer Grundstücksgrenze? Wie viele Stellplätze kommen hinzu? Ist der Stellplatz baulich oder durch natürliche Gegebenheiten abge-schirmt? Verursacht die Rampenneigung (bei Tiefgaragen) erhöhte Motorengeräusche? Erfordert die Stellplatzanordnung ein erhöhtes Rangieren?

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beurteilung der Zumutbarkeit von Stellplätzen im rückwärtigen Grundstücksbereich eine umfassende Würdigung des gesamten Sachverhaltes erfordert. Sind Sie mit einer solchen Situation konfrontiert empfehlen wir, dass Sie sich frühzeitig, bestenfalls ab Kenntnis von der Maßnahme, fachkundigen Rechtsrat einholen. Frühzeitig, weil Ihre Rechte als Nachbar auch verwirken können. Zusammen mit einem Rechtsanwalt kann besprochen werden, wie Ihre Interessen am besten gewahrt werden können.

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